Samstag, 4. Dezember 2010

23.10.-09.11.2010 (西暦2010年10月23日・11月09日)

Liebe Leser, 


Um diesen Blog nicht zur Vollwaise werden zu lassen, will ich nun doch wieder wenigstens ein paar Bilder der vergangenen Zeit einstellen, um weitere Einblicke ins Japanische zu ermöglichen. Da einige Zeit vergangen ist, werde ich mich vor allem auf Bilder beschränken und nur wenige Erklärungen begeben. Bei tiefergehendem Interesse darf gerne nachgefragt oder Wikipedia konsultiert werden. 
Wenn ich hier teilweise japanische Begriffe einfließen lasse, so soll das nicht zur Belehrung der geneigten Leserschaft, sondern zur ästhetischen Ausschmückung und zum Beweis meines Pseudointellekts dienen.

23.10.
Ausflug auf den Berg Hiei, die heiligste Stätte des japanischen Tendai-Buddhismus.



Auf dem Gelände des Enryakuji (Tempel), welcher den östlichen Teil des Bergs darstellt: 

東塔 (jp. toto), die "Östliche Pagode" und 阿弥陀堂 (jp. amidado), die "Amida-Halle"

 
Große Statue des Amida-Buddha in der gleichnamigen Halle.

Auch die Erleuchteten müssen noch die Exkremente der Welt ertragen.

Kreuzweg mal anders: Die Tafeln am Wegrand erklären die einzelnen Stufen im Leben des Tempelgründers Saicho.

Religiöse Praxis vor dem Hauptgebäude des Tempels (kompon-chudo). Das Räucherstäbchen beinhaltende Gefäß dient zur Erinnerung an die Verstorbenen; in die hölzerne Kiste können Spenden geworfen werden.

Gleich wie in allen Tempeln und Häusern Japans war auch hier der beschuhte Eintritt nicht erlaubt.

Innerhalb des Tempels war leider die Photographie nicht erlaubt, weshalb ich nur diesen verstohlenen Einblick in den Eingangsbereich bieten kann. Allerdings war das Aussehen dieses Tempels von außen identisch mit vielen anderen und innerhalb bot er, was eine gute katholische Kirche auch zu bieten hat: einen hohen, mit Zierrat ausgeschmückten Gebetsraum, Atem verschlagendes Wolken von Weihrauch und religiöses Gemurmel.


Zum Beweis des Besuchs bei einem gewissen Glücksgott, vielleicht auch als Mutprobe, besteht an dessen Schrein die Unsitte, Aufkleber an den Säulen zu hinterlassen, was auf Grund des sonst so stark vorhandenen Respekts gegenüber der Religion doch verwundert.


Für kurze Zeit konnten wir auch einer buddhistischen Prozession beiwohnen. Fast heimatlich.
I

Im westlichen Komplex des Tempelbergs: Dort werden noch immer religiöse Praktiken ausgeführt. Das Plakat bittet daher um Ruhe. Die extremeren der Praktiken sind die 90-Tage-Lauf-Askese oder auch die 90-Tage-Sitz-Askese. Schlaf ist dabei, theoretisch zumindest, nicht erlaubt.

Die verschiedenen kleinen Tempel liegen sehr idyllisch, allerdings natürlich immer in gezähmter Natur.

Dieses Bild zeigt Shakyamuni, den Begründer des Buddhismus, der nach 90-tägiger Askese zur Erkenntnis kam, dass reines Fasten auch nicht zur Erleuchtung führen könne, weshalb dann der mittlere Weg gepredigt wurde. Ich wäre zu dieser Erkenntnis wahrscheinlich ca. 89 Tage früher gekommen.





Überreste des 回峰行 (jp. kaihogyo), einer 100 bis 1000-tägigen Laufaskese bei der jeden Tag 30 km zurückgelegt werden müssen. Pro Tag werden dabei ca. 2 Paar dieser Strohsandalen verbraucht.

Letzte Strahlen der Abendsonne über der Seilbahnstation. Ende eines langen Tages.

24.10.



Besuch des Gottesdienstes in dieser lutherischen Kirche. Da der Gottesdienst in japanischer Sprache gehalten wurde, war eine Orientierung nur über die Liturgie möglich, funktionierte allerdings so erfreulich gut.

26.10.

Auch wenn diese Konstruktion wohl eher an Disneyland erinnert, handelt es sich hierbei um eine christliche Kirche, erbaut in schönster Umgebung.

Auch Formen des Großstädtischen sind in Kyoto durchaus vorhanden.

Lässt sehr tief in das Glas des Japaners blicken, hoffentlich nicht zu tief: Whiskey in 4-Liter-Plastikkanistern. Ist in Mischung sogar durchaus trinkbar - habe ich gehört.


Abendrot.

31.10.



Gottesdienstliche Feier des Reformationstages in festlichen Gewändern.

03.11.
Ausflug in die ehemalige Kaiserstadt Nara, die heutzutage nur noch Residenz von geschätzten 90 Prozent des Rehbestandes Japans ist.


Über allem thronend und doch versteckt: Kreuz auf dem Gebäude des NCC Center in Kyoto


Begrüßung im Bahnhof von Nara durch einen "geweih-ten" Plastikmönch.

 

Ninja-Wild

Folgend verbreiteten die Monster im braunen Fell auch Angst und Schrecken, wie diese Bilder beweisen.



Eingangstor zum Gelände des 東大寺 (jp. todaiji), dem "östlichen großen Tempel".

Besagter Tempel

Inzens vor dem Tempel zur Verehrung Buddhas.

Großer hässlicher Buddha: Leider ist bei einem Brand einstmals der Kopf der Statue dahingeschmolzen und wurde danach durch den nun bestehenden ersetzt. Meiner Meinung nach nicht sehr gelungen.

Für ein langes glückliches Leben: Durch ein Loch in einer der Säulen des Tempels kann man bei geeigneter körperlicher Beschaffenheit hindurchkriechen. Leider waren wir in Eile...

Höchst subtil.

In einem Shinto-Schrein neben dem Tempel: Vollzug des 七五三 (jp. shichigosan) "Sieben-fünf-drei". Kinder dieser Alterstufen werden dabei zu einem Schrein gebracht und dem Gott vorgestellt...

...und dürfen dazu traditionelle Gewänder tragen.


Auch wenn sie meistens japanisch-höflich bleiben, muss man sich angesichts dessen doch über den ein oder anderen Ausraster der Paarhufer nicht wundern.

Erfreut sich in Japan jederorts und jederzeit großer Beliebtheit: バウムク-ヘン (jp. baumukuuhen).



Pagode des 興福寺 (jp. kofukuji), in welcher vier Nationalheiligtümer, vier Buddhastatuen, aufbewahrt werden.

Kirche im japanischen Stil.

Bettelmönch vor dem Bahnhof.

05.11.


Auch wenn mir das Gericht als äußerst delikat geschildert wurde, kam es erst an diesem Tag dazu, dass ich es probieren konnte: Unagi(Aal) auf Reis, dazu Udon, Ingwer und Grünzeug. Tatsächlich ein Genuss.



Besuch des Chionin, Haupttempel des Reines Land-Buddhismus, 浄土宗 (jp. jodoshu).

Da uns ein Priester des Reinen Land-Buddhismus begleitete, hatten wir die Möglichkeit uns auch innerhalb des Tempels umsehen zu können...

...und bekamen sogar Tee serviert.


Immer wieder zum Schmunzeln: Toilettenschuhe, wie sie sowohl in Privathäusern, wie in öffentlichen Einrichtungen getragen werden. Peinlich nur, wenn man vergisst, sie beim Verlassen der Toilette wieder auszuziehen, wie auch mir schon ein ums andere Mal passiert...


Ein kleines bisschen Erleuchtung.

Handbesen.

二十五菩薩の庭 (jp.nijugo bosatsu no niwa) "Garten der 25 Buddhas". Dieser Garten stellt in Form der Steine 25 Buddhas dar, die auf den Wolken, symbolisiert durch die Azaleenbüsche, vom Himmel kamen. Die Geschichte basiert auf einer Darstellung auf einer Wandrolle, die sich im Tempel befindet.


Tempelgelände aus höherer Lage betrachtet.

Und wieder neigte sich der Tag.

06.11.
Vollzug eines weiteren Ausflugs in eine der bedeutendsten Städte für den Shinto, die Stadt Ise.


Das Fahrkartensystem der japanischen Bahn beruht auf der Praxis des Nachzahlens, falls keine gültige Fahrkarte vorhanden war, sodass auf jeden Fall der korrekte Preis gezahlt wird. Das erspart Kontrolleure, unangenehme Situationen und macht Schwarzfahren so gut wie unmöglich. Da könnte die DB durchaus noch etwas lernen.


Ise (jp。伊勢) Bahnhof.

Als Experte in Fragen des Shinto und der Volksreligion Japans stand uns an diesem Tag dieser katholische Mönch bei.

Becken zur rituellen Reinigung vor dem 外宮 (jp. geku)"Äußerer Schrein" in Ise.

Das Hauptgebäude des "Äußeren Schreins": Dem Mythos nach auf Geheiß der Sonnengöttin Amaterasu gegründet. Da dieser Schrein aber auch Hauptsitz des Nahrungsgottes Toyo-uke sein soll, wird dort auch für den Reis gebetet.

Hierbei handelt es sich um einen Powerspot, einen Ort, von welchem besondere Kräfte ausgehen sollen. Das Aufsuchen solcher Orte ist vor allem in der Jugendszene Japans sehr populär.



Nach dem Besuch des Äußeren Schreins folgte natürlicherweise der des 内宮 (jp.naiku) "Inneren Schreins".

Anders als im Alltagsleben herrscht auf der Brücke in den Schrein Rechtsverkehr, da man, nach dem Glauben der Japaner, somit längeres Leben erhält.

Auf dem Gelände des Inneren Schreins.

Am Heiligtum der Amaterasu stehen die Japaner Schlange um ein wenig Geld in eine Holzbox zu werfen und anschließend einige Sekunden zur Göttin beten zu können.

Schönheit hat bekanntlich ihrem Preis: Von erfreuten Kinderaugen beobachtet, schwimmen auch in diesem Teich Fische im Wert von vielen tausend Euro.

In den Straßen von Ise herrscht geschäftiges Treiben, wobei die Japaner sich selbst wohl die besten Touristen sind.

Schon halb vertilgt, kann man auf dem Reis liegend noch Reste der Spezialität "Ise-Sashimi" (roher Fisch) begutachten.

Da Ise in der Nähe des Meeres liegt, hatte ich dort zum ersten Mal die Gelegenheit mich an der japanischen See zu erfreuen.

In den dort treibenden Gewässer befindet sich auch dieses heilige Gestein, namens 夫婦岩 (jp.meoto-iwa) "Verheiratete Felsen", die die Verbindung zwischen Mann und Frau symbolisieren sollen. Die Entscheidung, welcher Fels dabei welchem Geschlecht zuzuordnen ist, überlasse ich dem Betrachter.

Die Frösche fordern zur Rückkehr an diesen Ort auf. Der Grund: Das japanische Wort für Frosch 蛙 (jp. kaeru) wird genau so ausgesprochen wie das Verb "zurückkehren" 帰る (jp. kaeru).

;-)

07.11.
Da endlich mal wieder ein freier Tag gegeben war, so spazierte ich ein wenig durch den Südosten Kyotos.




Im Nanzenji, dem "südlichen Zentempel".

"Was, frage ich, haben die Römer je für uns getan?"

Spaziergang entlang des Aquädukts. Dermaßen ungesichert würde es eine solche Einrichtung bei uns sicherlich nicht geben.

Breitspurbahn zum Bootstransport von einem höheren See in einen tieferen.

Erwähnter tieferer See.

"Ein Licht scheint in der Dunkelheit..."
Die zugehörige Kirche war eher dem Freikirchentum zuzuordnen.


Auch wenn man, der äußeren Erscheinungsform folgend, keine Gaumenfreude vermuten würde, sind diese gebratenen Octopusbällchen (jp. takoyaki) doch sehr wohlschmeckend.

09.11.
Am Heian-Schrein in Kyoto.




Das Beeindruckendste an diesem Gebäudekomplex war wohl, neben der Architektur, die schiere Größe des Geländes. Der Vortrag über diesen Schrein, von einem Priester in japanischer Sprache abgehalten, war leider nicht besonders ergiebig.

Auch wenn mir der Grund völlig schleierhaft ist, steht im weit auslaufenden Garten des Schreines der älteste Zug Japans.

Ohne diese detaillierte Beschilderung hätte ich mich wohl nicht zurechtgefunden...

Nicht für schwache Nerven.

 

Wundervolle Gartengestaltung mit Gebäuden aus anderen Teilen Kyotos. 

Damit schließe ich den ersten Teil des Bilderrückblicks über den ersten Teil des letzten Monats ab und werde in Kürze eine Fortsetzung folgen lassen.
Allerdings beginnt morgen die letzte Woche des Studienprogramms, an deren Ende sich als Höhepunkt und Abschluss ein einwöchiger Besuch Tokyos anschließt, der mit einem starken Zeitmangel einhergeht, sodass weitere Berichte erst im Zeitraum um das Heilige Fest erstellt werden können.
So wünsche ich nun weiterhin eine besinnliche Adventszeit und - falls ich nicht zu weiteren Einträgen kommen sollte - fröhliche Weihnachten!

Es grüßt
Ruichi